Sonntag, 17. August 2008

Verpuffung bei Bauabnahmebesichtigung - Tod ohne Gaswarngerät

Ein fertiggestellter Regenauslasskanal wurde von zwei Mitarbeitern des städtischen Tiefbauamtes und zwei Mitarbeitern der ausführenden Baufirma einer Abnahmebesichtigung unterzogen. Dabei musste auch in ein Dükerschachtbauwerk eingestiegen werden. Nach dem Öffnen des Schachtdeckels stiegen die vier Personen ein. Nach kurzem Aufenthalt in dem Schacht gab es eine Verpuffung. Zwei Personen verließen fluchtartig den Schacht, zwei tauchten in das eingestaute Wasser. Durch die Verpuffung erlitten alle vier Personen schwere Brandverletzungen. Ein 62jähriger Mitarbeiter des Tiefbauamtes, der regelmäßig solche Abnahmebesichtungen durchführt, starb drei Wochen nach dem Unfall an Lungenversagen, das durch toxische Stoffwechselprodukte herbeigeführt worden war. Der zweite Tiefbauamtmitarbeiter, dessen Haut zu 60 % verbrannt war, schwebte tagelang zwischen Leben und Tod und hat noch nach Jahren Narben im Gesicht. Der Bauleiter der ausführenden Firma musste wie die übrigen Verletzten in Spezialkliniken wochenlang behandelt werden und trägt seitdem Spezialmanschetten an den Händen.

Wie konnte es zu diesem Unfall kommen? Bei der Unfalluntersuchung wurden erhebliche Mängel festgestellt. Hierzu gehörten insbesondere folgende Punkte: Das Schachtbauwerk, das sich in einer sandgefüllten Kugelstoß-Anlage befand, war mit einem gasdichten Schachtdeckel verschlossen. Kurz nach dem Öffnen des Schachtes erfolgte der Einstieg. Ein Gaswarngerät wurde auf dem Bauhof des Tiefbauamtes bereitgestellt, jedoch nicht abgeholt und zur Überprüfung der Atmosphäre eingesetzt. Der fertiggestellte Kanal wurde acht Wochen vor dem Unfall in Betrieb genommen. In dieser Zeit gab es ein starkes Regenereignis, bei dem erhebliche Mengen an Staub und Schmutz aus den Straßenrinnen in die Kanalisation gespült wurden. Am Tiefpunkt des Dükers gab es erhebliche Schlammablagerungen, aus denen sich erhebliche Mengen an Faulgas gebildet hatten. Da das zu besichtigende Schachtbauwerk vom Fluss her eingestaut und gasdicht abgedeckt war, sammelte sich das Faulgas oberhalb des Wasserspiegels in hoher Konzentration. Die explosionsfähige Atmosphäre wurde von der brennenden Zigarette des Bauleiters der ausführenden Firma gezündet. Weitere potenzielle Zündquellen waren die mitgeführte nicht explosionsgeschützte Lampe und ein Fotoapparat mit eingebautem Blitzlicht.

Autor: Dipl.-Ing. Volkmar Wilhelm / Tiefbau-BG, Vollmoellerstraße 11, D-70563 Stuttgart

Zur Verfügung gestellt von SANTEC® GmbH - Ingenieurbüro für Kanalsanierung, Kanaltechnik und Tiefbauplanung

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